Geschichte

Geschichte der Ritaschwestern: Die Gründung

Die Wurzeln unserer Gemeinschaft gehen zurück auf die Betroffenheit über die große Not in den Familien, welcher der Augustinerpater Hugolin Dach (Bild links) bei seinen Seelsorgebesuchen begegnete.

Er kam wegen dieser Not innerlich nicht mehr zur Ruhe. Aufrufe in Zeitungen und Zeitschriften in den Jahren nach 1900 zeigen seine Sorge: „So viele Wöchnerinnen aus armen Kreisen, die mit einer Schar kleiner Kinder hilflos daliegen, indes der Mann bei der Arbeit ist; keine, die der Kinder wartet, keine, die dem heimkehrenden Vater das Essen bereitet, so dass die Wöchnerin zu einer Zeit, in der sie so sehr der Schonung bedürfte, keine Schonung findet und frühzeitig ihre und der nachkommenden Kinder Gesundheit untergräbt. Hier muss entschieden Wandel geschaffen werden.“ (Maria vom Guten Rat – Heft IV, 1912).

Eine Abhilfe sah Pater Hugolin in der Gründung des „Vereins der Organisierten Krankenpflege vom III. Orden des hl. Augustinus“. Ihm sollten einerseits durch Mitgliedsbeiträge und freiwillige Spenden finanzielle Mittel zufließen; andererseits sollten Pflegerinnen die Krankenschwestern der caritativ-tätigen Orden, die bei weitem nicht ausreichten, ergänzen. Ganz neu war dabei der Gedanke, dass die Pflegerinnen neben der Betreuung der Kranken und Wöchnerinnen auch die gesamte Familie versorgen und die Hausarbeit verrichten sollten.

Mit der Gründungsversammlung am 8.Oktober 1911 begann das Vorhaben von Pater Hugolin Wirklichkeit zu werden. Am Anfang arbeiteten fünf junge Frauen in dem neuen Krankenpflegeverein. Pater Hugolin stellte sie unter den Schutz der hl. Rita. Wohl deshalb wurden sie von Anfang an „Ritaschwestern“ genannt. Das neue Aufgabengebiet der Schwestern war nicht klein. In der kurzen Zeit von Oktober bis Dezember 1911 waren sie bereits 4487 Stunden im Einsatz und dies meist unentgeltlich bei armen Familien. Langsam aber stetig wurde die Zahl derer, die für den Krankenpflegeverein arbeiteten, größer. Die jungen Frauen bildeten nicht nur eine Arbeits-, sondern von Anfang an auch eine Lebensgemeinschaft. Sie beteten das Marianische Officium und trugen vom 9. Dezember 1917 an – auf Rat des damaligen Provinzials der Augustiner – ein Ordensgewand.

1918 verstarb plötzlich P. Hugolinus Dach. Sein Tod war ein herber Verlust für die junge Gemeinschaft.

Im Wandel der Zeit bis heute

1921 sollten die Schwestern auf bischöfliche Weisung hin ihre Gemeinschaft auflösen und sich anderen, schon bestehenden Ordensgemeinschaften anschließen. Die Schwierigkeiten, die sich daraus ergaben, brachten die Gemeinschaft bis an den Rand der Auflösung. Die meisten Schwestern traten in andere Gemeinschaften über; nur neun hielten an ihrer Berufung als Ordensschwestern im Familienpflegedienst fest. Wiederholte Eingaben ihrerseits bei der Diözese und Bittgesuche des Katholischen Frauenbundes und aus der Bevölkerung erwirkten schließlich die kirchliche Erlaubnis zum Fortbestand der Ritaschwestern.

Die Gemeinschaft wusste sich immer dem ursprünglichen Anliegen des Gründers verpflichtet, auch wenn später ander der Familienpflege allerdings nahestehende Aufgaben übernommen wurden, wie Kindergärten, Nähschulen oder Krankenpflegestationen in und außerhalb Würzburgs. Erneut wurde die Familienpflege der Gemeinschaft ans Herz gelegt bei der ersten Visitation am 11. Februar 1958 durch den damaligen Diözesanbischof Julius Döpfner. Ebenso ist diese Aufgabe an erster Stelle erwähnt bei der Erhebung der Gemeinschaft zur Kongregation bischöflichen Rechts am 2. Oktober 1959.

Wie sich in den letzten Jahren vieles wandelte, so wandelte sich auch das Berufsfeld der Familienpflegerin, es wandelte sich der Ausbildungsweg, es wandelte sich die Struktur der Familien und vieles andere. Ebenso war in der Gemeinschaft die Zeit weitergeschritten und hatte Veränderungen mit sich gebracht. Die erste Generation der Pflegeschwestern fiel gegen 1965 durch Erreichen der Altersgrenze mehr und mehr aus; der Nachwuchs der jungen Schwestern genügte nicht, um der anstehenden Not in den Familien abhelfen zu können. So war es für die Gemeinschaft unumgänglich, zu überdenken, wie sie unter solchen Bedingungen dem Anliegen des Gründers weiterhin gerecht werden könne. Diese Überlegungen waren in doppelter Weise aktuell. Zum einen drängte die eigene Situation, zum anderen kam vom Konzil der Auftrag an die Ordensgemeinschaften: Rückkehr zum Geist des Ursprungs und zugleich Anpassung an die Zeitverhältnisse.

Die Konsequenz hieß für uns: Wenn uns die Familienpflege als Hauptaufgabe nach wie vor wichtig ist, müssen wir das uns Mögliche tun, damit sie weiterhin geschieht. Es schien der Zeitpunkt gekommen, den Wunsch und die Idee des Gründers zu verwirklichen, eine Ausbildungsstätte für Familienpflegerinnen zu schaffen. Ganz besonders ist es dem Einsatz unserer Schwester M. Salesia Lohmeier zu verdanken, dass die Fachschule für Familienpflege im Jahre 1965 eröffnet werden konnte. Bereits zwei Jahre später wurden zu den wenigen Schwestern, die noch Familienpflege ausübten, weltliche Mitarbeiterinnen angestellt, die an der Schule ihre Ausbildung erhalten hatten.

Der Wandel, den die Gesellschaft seit unserer Gründung erfahren hat, betrifft auch die Familien. Entsprechend musste sich unser Dienst für die Familien ändern. War Familienpflege früher vor allem praktische Hilfe, so ist geistlich-soziale Familienhilfe heute ebenso das Bemühen, in Gesellschaft und Politik die Bedürfnisse der Familien zur Sprache zu bringen und ihnen zu ihrem Recht zu verhelfen.

Auch an uns als Ordensgemeinschaft nach der Regel des hl. Augustinus sind die Veränderungen in Kirche und Welt nicht spurlos vorübergegangen. Nach der Krise 1921 wuchs die junge Gemeinschaft. Mitte des 20. Jahrhunderts zählte sie 235 Schwestern. Da die Verbindung mit den Augustinern nie abgerissen war, wurde die augustinische Spiritualität immer weiter vertieft. „Euch, die ihr eine Klostergemeinschaft bildet, tragen wir auf, folgendes in eurem Leben zu verwirklichen:

Zu allererst sollt ihr einmütig zusammenwohnen, wie ein Herz und eine Seele auf dem Weg zu Gott.“ So beginnt die Regel des hl. Augustinus, nach der wir Ritaschwestern unser Leben gestalten. Dabei wissen wir, dass das Bemühen um das einmütige Zusammenwohnen ein „Dauerauftrag“ bleibt.

Die Gemeinschaft war nach dem 2. Weltkrieg maßgeblich an der Gründung einer augustinischen Föderation beteiligt, zu der Frauengemeinschaften gehören, die dem Augustinerorden angeschlossen sind.

Das 2. Vatikanische Konzil brachte auch in unserer Gemeinschaft einen Umdenkungsprozess in Gang. In der zunächst traditionell geprägten Gemeinschaft gab und gibt es bis heute neue Aufbrüche. 1970 wurde die Ordenstracht modernisiert. Die Gelübde und Profess wurden neu überdacht. Wo früher strikter Gehorsam der Untergebenen erwartet wurde, ist heute von Mitverantwortung und vom Aufeinander hören die Rede.

Eine Ausbildungskommission machte sich Gedanken, wie Postulat, Noviziat und Juniorat in der veränderten Welt von heute aussehen müssen. Außerdem geht es um die Frage, wie wir als geistliche Gemeinschaft in der Welt von heute leben, wie wir in unserem Miteinander und in unserem Dienst heute Zeugnis geben für Gott, der den Menschen nahe ist.

Chronikbuch der Ritaschwestern

Zum 100-jährigen Gründungsjubiläum der Ritaschwestern im Oktober 2011 wurde ein dickes Chronikbuch veröffentlicht. In dieser Festschrift werden Ritaschwestern in Text und Bild vielfältig dargestellt. Im Buch über die Geschichte der Ordensgemeinschaft sind Fakten und Zahlen aufgeschrieben. Wesentlich mehr aber wurde versucht, das Leben zur Sprache zu bringen, wie es Ritaschwestern im Laufe der 100 Jahre gestaltet haben, wie es heute ist und wie sie es für die Zukunft erhoffen.

Deshalb sind die Autorinnen und Autoren Ritaschwestern sowie Menschen, die mit ihnen verbunden sind. Das Buch mit 380 Seiten kann zum Preis von 20 Euro im Mutterhaus der Ritaschwestern erworben werden.